Gebirgsgruppe: Allgäuer Alpen
Kurzinfo zum Verlauf: Mittelberg - Fiderepasshütte - Mindelheimer
Klettersteig - Mindelheimer Hütte - Rappenseehütte - Heilbronner
Höhenweg - Kemptner Hütte - Prinz-Luitpold-Haus - Edmund-Probst-Haus
via Laufbacher Eck - Hindelanger Klettersteig - Schwarzenberghütte - Hinterstein
1.Tag: Aufstieg zur Fiderepasshütte
Parkmöglichkeit nahe dem Gasthaus Schwendle (ca. 1175 m) am Ortsrand von
Mittelberg. Durch das Wildental in knapp 2 h zur Fiderepasshütte (2033
m). Dort gibt es an diesem Abend zwar noch Platz im Matratzenlager, jedoch nur in dem im
Keller gelegenen ... Einschätzung: muss man nicht haben !
2.Tag: Mindelheimer Klettersteig, via Schrofenpass zur
Rappenseehütte
Schneller Antritt ist hier gefragt: wir verlassen um 7:15 Uhr bei klarem
Himmel die Hütte und sind somit einige Minuten vor der Karawane (es ist
Samstag !) in der Fiderescharte, dem Einstieg zum Klettersteig. Der Steig ist
kürzlich saniert worden, der Fels gut griffig und so steht einer schönen
Kraxelei nichts mehr im Wege. Früstückspause nach den ersten zwei
Schafalpenköpfen; hier sind nur noch die Free-Solo-Geher vor uns. Ab dem Kemptner Köpfle schliesslich gibt es
massiven Gegenverkehr von der Mindelheimer Hütte her, die wir nach 4.5 h
erreichen. Schöne Idee, die ich vom Besuch der Hütte mitnehme: der
universelle Mobiltelefonausschalter (Klotz, Hammer ...). Den gibt es auf der
Rappenseehütte (2091 m), die wir nach 5 h in der Nachmittagshitze erreichen,
bedauerlicherweise nicht. Aber wer die Ruhe sucht ist auf einer Hütte solcher
Dimensionen (342 Schlafplätze) eh falsch. Aufpassen: wer abends seine
Rechnung nicht begleicht, der wird morgens per Steckbrief an der Theke gesucht
!!
Abbildung:
Links: Blick vom Mittleren Schafalpenkopf zurück auf das erste
Teilstück des Steiges, inklusive der waagerechten Leiter, die man auch
von der Fiderepasshütte sehen kann, Rechts: Panorama der
Schafalpenköpfe vom Weg Schrofenpass - Rappenseehütte
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3.Tag: Heilbronner Höhenweg
Hinter der grossen Steinscharte (2262 m) bis zum Felsaufschwung geht man heuer fast ausschliesslich
über Schnee. Nach einer kurzen Kletterpassage erreicht man den Abzweig
zum Hohen Licht (2651 m, 50 Minuten hin und retour). Das von unten recht
gefährlich wirkende Steilschneefeld ist aufgrund der ordentlichen Spur
gut begehbar. Über den Steinschartenkopf (2615 m, waagerechte und
senkrechte Leiter) und den Bockkarkopf (2608 m) geht es in die
Bockkarscharte (Abzweig zum Waltenberger Haus). Mit jedem Gipfel konnte man
sehen, wie die von Westen heranstürmende Kaltfront aufholt und kurz hinter der
Scharte erwischt sie uns dann ! Der kräftige Regen, den sie bringt, macht einen
Seitensprung zur Mädelegabel nicht mehr erstrebenswert; vielmehr
schliessen wir uns mit 2 anderen Gruppen, die auf dem Weg zur Kemptner
Hütte sind, zusammen und stapfen voran durch Schneesulz und Pampe. Zeit
von Haus zu Haus: 5 h 20 min.
Abbildung:Oben: Blick vom Hohen Licht
nach Nordosten, den weiteren Verlauf des Heilbronner Weges zeigend, Links
unten: imposantes Schneefeld und horizontale Leiter am Steinschartenkopf,
Rechts: die Flanke des Bockkarkopfes
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4.Tag: Tag der Einkehr
Wenn es eines Anlasses bedurft hätte, an diesem Tag nicht den
Übergang zum Prinz-Luitpold-Haus zu machen: das Wetter liefert ihn. Die
einzige Regenpause des lichten Tages nutzen wir zu einem Abstecher auf den
Hausberg, den Muttlerkopf (2366 m). Die Freuden eines Schlechtwettertages - als
da wären: Tiere beobachten, die schlechtes Wetter mögen oder die
unbeschreibliche Begeisterung als es am Gipfel dann doch mal für einige
Minuten aufreisst und man sich am Steilufer eines riesigen (Wolken)Meeres
wähnt - sollten nicht verschwiegen werden. Aber es gibt noch mehr:
z.B. Kühe, die mit der Materialseilbahn aus dem Tal hochgeschafft
werden. Das Beruhigungsmittel hierfür ist wohl rezeptpflichtig. Oder das
Lehrvideo für Wünschelroutengänger: der abendliche Irrlauf der Mobiltelefonierer auf
der Suche nach dem Netz.
Das Pausieren wann und wo man will ist nur eine Option
für die Individualtouristen. Für die sogenannten E5er-Gruppen (E5 -
Europäischer Fernwanderweg Nr. 5, die Kemptner Hütte ist das
Etappenziel vor dem Übergang in die Lechtaler Alpen) gilt das
offensichtlich nicht, frühestens ab Bergrutsch durch Starkregen wird ausgesetzt ...
Abbildung:Oben: Porträt eines Liebhabers
schlechten Wetters, unten: über den Wolken am Muttlerkopf, Peter bei der Lektüre des Gipfelromans
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5.Tag: Königsetappe
Der Tag beginnt wie der vorherige, doch Glaube (an den Wetterbericht) kreiert
Hoffnung. Abmarsch um 7:45 Uhr, der Blick ins Hüttenbuch vorher
verrät, dass 2 Wanderer mit einem zeitlichen Abstand von 45 Minuten vor uns in der Spur sind. Die Querungen unterhalb
des Muttlerkopfes und der Krottenspitzen sind wegen steiler Altschneefelder
und abschüssigen Matsches recht spannend. Am Fürschiessersattel
öffnet sich der Blick für die imposante Felsszenerie oberhalb des
Traufbachtales. Auch hier warten ein paar Schneefelder auf konzentrierte
Geher, bis man schliesslich den Grat erreicht, der sich auf einer Länge
von etwa 2.5 km über das Kreuzeck zum Rauheck zieht. Es hat
Windstärken, dass es einen fast vom Grat weht. Wir schliessen zu den
sympathischen Spurenlegern aus Neu-Ulm auf und verrennen uns beinahe kurz hinter dem Kreuzeck, als während eines Graupelschauers die Sicht
gegen Null geht. Doch Geduld zahlt sich aus; als es nach einigen Minuten
für einen Moment heller wird finden wir wieder auf den richtigen Weg (der
andere hätte uns über den Bettlerrücken nach Spielmannsau
geführt). Begleitet von zunehmenden Aufheiterungen erreichen wir nach 5 h
die unbewirtschaftete Wildenfeldhütte. Nur 300 Höhenmeter unter uns
wartet an der Käseralpe eine Brotzeit. Ein Angebot, dass wir uns gerne holen (ohne schweres
Gepäck auf dem Rücken freilich ...). Das letzte Wegstück des Tages
führt über den Himmelecksattel (2007 m), durch das Wohnzimmer einer
Murmeltierfamilie, abwärts und zum Schluss wieder ansteigend zum
Prinz-Luitpold-Haus (1846 m). Gehzeit total: recht flotte 10 h 15 min. inklusive des 2 h 15 min - Abstechers zur Käseralpe.
6.Tag: "Bummeletappe"
Dieser Abschnitt der Durchquerung wird gern auch von Wanderern älterer
Semester begangen, allerdings in umgekehrter Richtung, d.h mit der
Nebelhornbahn bis zur Station Höfatsblick, dann den Weg zum Laufbacher
Eck und Abstieg ins Hintersteiner Tal (Busanbindung) oder alternativ über
das Himmeleck ins Oytal und weiter nach Oberstdorf. Das Schneefeld am
Laufbacher Eck ist diesmal unkritisch, das war im Juni 2006 anders. Im Bummeltempo erreichen wir nach 5 h das Edmund-Probst-Haus. Das Nebelhorn ist immer einen Besuch wert, so auch diesmal, vorzugsweise NACH der Betriebszeit der Seilbahn. In der Ferne glitzert der Bodensee. Die Anstiege über das Geisalphorn oder den Entschenkopf sehen
vom Gipfel aus betrachtet sehr lohnend aus ! Vielleicht mal eine Sache für den Herbst.
7.Tag: Hindelanger Klettersteig
Im direkten Vergleich zum weiter vorn beschriebenen Mindelheimer Klettersteig
(der die gleiche Einstufung bezüglich des Schweregrades aufweist,
nämlich K3)
hat man hier an manchen Stellen den Eindruck, dass mit dem Stahlseil etwas
sparsamer umgegangen wurde. Oder anders ausgedrückt: der Mindelheimer ist
quasi komplett abgesichert. In einer halben Stunde erreicht man den Einstieg
rechts neben den Nebelhornaufbauten. Den Aufbruch vom Probsthaus sollte man
so wählen, dass man vor den ersten Seilbahntouristen am Seil ist. Am
ersten Notabstieg trennen sich unsere Wege; Peter nimmt lieber die Autobahn
unterhalb des Steiges und aber auch einen Teil meines Gepäckes mit, was die
Turnerei am Seil angenehmer gestaltet. In der
Scharte zwischen Grossem und Kleinem Daumen kann unbeschildert, aber mit
deutlichen Trittspuren zum Engeratsgundsee abgestiegen werden. Dort treffen wir gegen
13:30 wieder zusammen. Der Abstieg zur Schwarzenberghütte ist
zumindest zum Teil kennzeichnet durch die - wie sich später auch
herausstellen sollte berechtigte - Vorfreude auf die kulinarischen
Köstlichkeiten der dortigen Küche.
8.Tag: Knöllchen einsammeln
Man reise bitte demnächst mit einem Sack voller 2-Euro-Münzen an. Bei den
Preisen für einen Autostellplatz in Hinterstein ist andererseits
vielleicht schon bald ein Parkautomat, welcher auch Scheine akzeptiert, zu erwarten ?!!? Wir
haben unseren Beitrag zur Finanzierung dessen jedenfalls geleistet.
Abbildung:
Blick auf die Allgäuer Alpen südlich des Nebelhorns im Abendlicht;
am linken Bildrand der Hochvogel, etwas rechts der Mitte der Schneck; Bild
unten: Juwel in den Allgäuern - der Engeratsgundsee
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Ralf Becker
2008-08-13