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Allgäudurchquerung 4.-11.7.2008

Gebirgsgruppe: Allgäuer Alpen

Kurzinfo zum Verlauf: Mittelberg - Fiderepasshütte - Mindelheimer Klettersteig - Mindelheimer Hütte - Rappenseehütte - Heilbronner Höhenweg - Kemptner Hütte - Prinz-Luitpold-Haus - Edmund-Probst-Haus via Laufbacher Eck - Hindelanger Klettersteig - Schwarzenberghütte - Hinterstein

1.Tag: Aufstieg zur Fiderepasshütte
Parkmöglichkeit nahe dem Gasthaus Schwendle (ca. 1175 m) am Ortsrand von Mittelberg. Durch das Wildental in knapp 2 h zur Fiderepasshütte (2033 m). Dort gibt es an diesem Abend zwar noch Platz im Matratzenlager, jedoch nur in dem im Keller gelegenen ... Einschätzung: muss man nicht haben !

2.Tag: Mindelheimer Klettersteig, via Schrofenpass zur Rappenseehütte
Schneller Antritt ist hier gefragt: wir verlassen um 7:15 Uhr bei klarem Himmel die Hütte und sind somit einige Minuten vor der Karawane (es ist Samstag !) in der Fiderescharte, dem Einstieg zum Klettersteig. Der Steig ist kürzlich saniert worden, der Fels gut griffig und so steht einer schönen Kraxelei nichts mehr im Wege. Früstückspause nach den ersten zwei Schafalpenköpfen; hier sind nur noch die Free-Solo-Geher vor uns. Ab dem Kemptner Köpfle schliesslich gibt es massiven Gegenverkehr von der Mindelheimer Hütte her, die wir nach 4.5 h erreichen. Schöne Idee, die ich vom Besuch der Hütte mitnehme: der universelle Mobiltelefonausschalter (Klotz, Hammer ...). Den gibt es auf der Rappenseehütte (2091 m), die wir nach 5 h in der Nachmittagshitze erreichen, bedauerlicherweise nicht. Aber wer die Ruhe sucht ist auf einer Hütte solcher Dimensionen (342 Schlafplätze) eh falsch. Aufpassen: wer abends seine Rechnung nicht begleicht, der wird morgens per Steckbrief an der Theke gesucht !!

Abbildung: Links: Blick vom Mittleren Schafalpenkopf zurück auf das erste Teilstück des Steiges, inklusive der waagerechten Leiter, die man auch von der Fiderepasshütte sehen kann, Rechts: Panorama der Schafalpenköpfe vom Weg Schrofenpass - Rappenseehütte


3.Tag: Heilbronner Höhenweg
Hinter der grossen Steinscharte (2262 m) bis zum Felsaufschwung geht man heuer fast ausschliesslich über Schnee. Nach einer kurzen Kletterpassage erreicht man den Abzweig zum Hohen Licht (2651 m, 50 Minuten hin und retour). Das von unten recht gefährlich wirkende Steilschneefeld ist aufgrund der ordentlichen Spur gut begehbar. Über den Steinschartenkopf (2615 m, waagerechte und senkrechte Leiter) und den Bockkarkopf (2608 m) geht es in die Bockkarscharte (Abzweig zum Waltenberger Haus). Mit jedem Gipfel konnte man sehen, wie die von Westen heranstürmende Kaltfront aufholt und kurz hinter der Scharte erwischt sie uns dann ! Der kräftige Regen, den sie bringt, macht einen Seitensprung zur Mädelegabel nicht mehr erstrebenswert; vielmehr schliessen wir uns mit 2 anderen Gruppen, die auf dem Weg zur Kemptner Hütte sind, zusammen und stapfen voran durch Schneesulz und Pampe. Zeit von Haus zu Haus: 5 h 20 min.

Abbildung:Oben: Blick vom Hohen Licht nach Nordosten, den weiteren Verlauf des Heilbronner Weges zeigend, Links unten: imposantes Schneefeld und horizontale Leiter am Steinschartenkopf, Rechts: die Flanke des Bockkarkopfes


4.Tag: Tag der Einkehr
Wenn es eines Anlasses bedurft hätte, an diesem Tag nicht den Übergang zum Prinz-Luitpold-Haus zu machen: das Wetter liefert ihn. Die einzige Regenpause des lichten Tages nutzen wir zu einem Abstecher auf den Hausberg, den Muttlerkopf (2366 m). Die Freuden eines Schlechtwettertages - als da wären: Tiere beobachten, die schlechtes Wetter mögen oder die unbeschreibliche Begeisterung als es am Gipfel dann doch mal für einige Minuten aufreisst und man sich am Steilufer eines riesigen (Wolken)Meeres wähnt - sollten nicht verschwiegen werden. Aber es gibt noch mehr: z.B. Kühe, die mit der Materialseilbahn aus dem Tal hochgeschafft werden. Das Beruhigungsmittel hierfür ist wohl rezeptpflichtig. Oder das Lehrvideo für Wünschelroutengänger: der abendliche Irrlauf der Mobiltelefonierer auf der Suche nach dem Netz.

Das Pausieren wann und wo man will ist nur eine Option für die Individualtouristen. Für die sogenannten E5er-Gruppen (E5 - Europäischer Fernwanderweg Nr. 5, die Kemptner Hütte ist das Etappenziel vor dem Übergang in die Lechtaler Alpen) gilt das offensichtlich nicht, frühestens ab Bergrutsch durch Starkregen wird ausgesetzt ...

Abbildung:Oben: Porträt eines Liebhabers schlechten Wetters, unten: über den Wolken am Muttlerkopf, Peter bei der Lektüre des Gipfelromans


5.Tag: Königsetappe
Der Tag beginnt wie der vorherige, doch Glaube (an den Wetterbericht) kreiert Hoffnung. Abmarsch um 7:45 Uhr, der Blick ins Hüttenbuch vorher verrät, dass 2 Wanderer mit einem zeitlichen Abstand von 45 Minuten vor uns in der Spur sind. Die Querungen unterhalb des Muttlerkopfes und der Krottenspitzen sind wegen steiler Altschneefelder und abschüssigen Matsches recht spannend. Am Fürschiessersattel öffnet sich der Blick für die imposante Felsszenerie oberhalb des Traufbachtales. Auch hier warten ein paar Schneefelder auf konzentrierte Geher, bis man schliesslich den Grat erreicht, der sich auf einer Länge von etwa 2.5 km über das Kreuzeck zum Rauheck zieht. Es hat Windstärken, dass es einen fast vom Grat weht. Wir schliessen zu den sympathischen Spurenlegern aus Neu-Ulm auf und verrennen uns beinahe kurz hinter dem Kreuzeck, als während eines Graupelschauers die Sicht gegen Null geht. Doch Geduld zahlt sich aus; als es nach einigen Minuten für einen Moment heller wird finden wir wieder auf den richtigen Weg (der andere hätte uns über den Bettlerrücken nach Spielmannsau geführt). Begleitet von zunehmenden Aufheiterungen erreichen wir nach 5 h die unbewirtschaftete Wildenfeldhütte. Nur 300 Höhenmeter unter uns wartet an der Käseralpe eine Brotzeit. Ein Angebot, dass wir uns gerne holen (ohne schweres Gepäck auf dem Rücken freilich ...). Das letzte Wegstück des Tages führt über den Himmelecksattel (2007 m), durch das Wohnzimmer einer Murmeltierfamilie, abwärts und zum Schluss wieder ansteigend zum Prinz-Luitpold-Haus (1846 m). Gehzeit total: recht flotte 10 h 15 min. inklusive des 2 h 15 min - Abstechers zur Käseralpe.

6.Tag: "Bummeletappe"
Dieser Abschnitt der Durchquerung wird gern auch von Wanderern älterer Semester begangen, allerdings in umgekehrter Richtung, d.h mit der Nebelhornbahn bis zur Station Höfatsblick, dann den Weg zum Laufbacher Eck und Abstieg ins Hintersteiner Tal (Busanbindung) oder alternativ über das Himmeleck ins Oytal und weiter nach Oberstdorf. Das Schneefeld am Laufbacher Eck ist diesmal unkritisch, das war im Juni 2006 anders. Im Bummeltempo erreichen wir nach 5 h das Edmund-Probst-Haus. Das Nebelhorn ist immer einen Besuch wert, so auch diesmal, vorzugsweise NACH der Betriebszeit der Seilbahn. In der Ferne glitzert der Bodensee. Die Anstiege über das Geisalphorn oder den Entschenkopf sehen vom Gipfel aus betrachtet sehr lohnend aus ! Vielleicht mal eine Sache für den Herbst.

7.Tag: Hindelanger Klettersteig
Im direkten Vergleich zum weiter vorn beschriebenen Mindelheimer Klettersteig (der die gleiche Einstufung bezüglich des Schweregrades aufweist, nämlich K3) hat man hier an manchen Stellen den Eindruck, dass mit dem Stahlseil etwas sparsamer umgegangen wurde. Oder anders ausgedrückt: der Mindelheimer ist quasi komplett abgesichert. In einer halben Stunde erreicht man den Einstieg rechts neben den Nebelhornaufbauten. Den Aufbruch vom Probsthaus sollte man so wählen, dass man vor den ersten Seilbahntouristen am Seil ist. Am ersten Notabstieg trennen sich unsere Wege; Peter nimmt lieber die Autobahn unterhalb des Steiges und aber auch einen Teil meines Gepäckes mit, was die Turnerei am Seil angenehmer gestaltet. In der Scharte zwischen Grossem und Kleinem Daumen kann unbeschildert, aber mit deutlichen Trittspuren zum Engeratsgundsee abgestiegen werden. Dort treffen wir gegen 13:30 wieder zusammen. Der Abstieg zur Schwarzenberghütte ist zumindest zum Teil kennzeichnet durch die - wie sich später auch herausstellen sollte berechtigte - Vorfreude auf die kulinarischen Köstlichkeiten der dortigen Küche.

8.Tag: Knöllchen einsammeln
Man reise bitte demnächst mit einem Sack voller 2-Euro-Münzen an. Bei den Preisen für einen Autostellplatz in Hinterstein ist andererseits vielleicht schon bald ein Parkautomat, welcher auch Scheine akzeptiert, zu erwarten ?!!? Wir haben unseren Beitrag zur Finanzierung dessen jedenfalls geleistet.
Abbildung: Blick auf die Allgäuer Alpen südlich des Nebelhorns im Abendlicht; am linken Bildrand der Hochvogel, etwas rechts der Mitte der Schneck; Bild unten: Juwel in den Allgäuern - der Engeratsgundsee
Ralf Becker 2008-08-13